Sind wir mitschuldig? – by Melanie Vögtli – |
Was stresst unsere Wälder? |
M. Vögtli 30.12.07 |
Vorwort
Anfangs der 80er-Jahre eroberte ein neuer Begriff die Medien sowie die Münder der Politiker: „Waldsterben“. Herbert Gruhl, der deutsche CDU-Abgeordnete, formuliert ihn als Erster im Bundestag. Sein Bestseller "Ein Planet wird geplündert - Die Schreckensbilanz unserer Politik" trifft den Geist der Zeit. Parallel dazu haben Förster in der Schweiz und in Deutschland Schäden an Bäumen entdeckt, für die sie keine eindeutige Ursache kannten. Der Göttinger Professor Bernhard Ulrich sagte damals, dass das „Waldsterben“ mit der Krankheit „Krebs“ zu vergleichen sei. Man kenne die Belastungs- und Überlastungsraten, man kenne die Pufferraten und man sehe die Symptome. Die Wirkungsweise im Detail aber, die kenne man nicht.
Fachleute veröffentlichten ihre Daten und es kam zu Prognosen wie jener von Bernhard Ulrich 1982 an der Tagung in Rüschlikon: "Die ersten grossen Wälder werden schon in den nächsten fünf Jahren sterben." Die Forstfachleute mochten das nicht ausschliessen. Das machte den Leuten Angst und fütterte die Medien. Bundesrat Flavio Cotti spielte bereits mit dem Gedanken, die 500 000 ältesten Autos im Land verschrotten zu lassen. Von grüner Seite wurde Verzicht gepredigt. Bürgerlicherseits kam die Befürchtung auf, dass hinter dem Schild ökologischer Argumente Systemveränderer am Werk seien. Ökologie und Ökonomie schienen unvereinbar.
Und ich bin der Meinung, dass dies auch so bleibt, solange die Ökonomen das Gefühl haben die Natur könne ausgebeutet werden um der Wirtschaft Profit und Wachstum Willen. Zu vielen Menschen wird der Schatz unserer Natur erst bewusst werden wenn es schon zu spät ist, nämlich dann, wenn man die Schäden schon von weitem gut sieht. Dann, wenn die Bäume keine Nadeln und Blätter mehr tragen und viele Seen und Flüsse ganz ausgetrocknet sind.
Heute reden viele Leute davon, dass die Angst um das Waldsterben für Nichts gewesen sei, dass der Wald ja noch da sei. Es ist aber so, dass nur dank der damaligen Erkenntnis Massnahmen wie der das Fahren mit Katalysator oder Entschwefelung von Heizöl getroffen wurden und es nur dank diesen Massnahmen zu einer relevanten Schadstoffreduktion kam. Dadurch sieht der Wald heute nicht so schlimm aus wie in den frühen 80er-Jahren prognostiziert wurde.
Im Rahmen meiner Maturarbeit am Gymnasium Liestal wollte ich mich nun mit dem Zustand des Waldes bei uns in der Schweiz befassen und pickte dafür vor allem einen Aspekt heraus: Den Einfluss eines versauerten Waldbodens auf die Pflanzen– und Tierwelt des Waldes.
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Was ist eigentlich die Aufgabe des Waldes?
Der Wald hat grundsätzlich drei Hauptfunktionen. Er dient einerseits im wirtschaftlichen Bereich als Holzlieferant für den Bau, für Möbel oder als Brennstoff, weiter stellt er Lebensraum für Fauna und Flora dar und schliesslich ist er auch ein Erholungs- und Naturraum für die Menschen. Weitere Aufgaben sind der Schutz vor Erdrutschen und Lawinen sowie die Aufrechterhaltung der Trinkwasser- und Luftqualität.
Egal, welche dieser Aufgaben ich betrachte, eines ist klar:
Stört es den Wald wenn der Boden sauer ist?
In meinen Untersuchungen beschäftigte ich mich mit den Auswirkungen eines versauerten Bodens auf die Pflanzen und Tierwelt im Wald. Ich betrachtete also je ein basenarmes und ein basenreiches Waldstück und verglich diese in verschiedenen Aspekten miteinander. Die basenreiche Fläche befindet sich in Magglingen (BE) und die basenarme und somit versauerte Fläche in Oberschrot (FR).
Aus der Tierwelt untersuchte ich die Anzahl Regenwürmer in den verschiedenen Bodenschichten und deren Biomasse. Bei den Pflanzen wollte ich wissen, wie sich die Bodenvegetation in den beiden Waldstücken unterscheidet, wie stark die Kronenverlichtung der Fichten in den jeweiligen Gebieten ist und ob die Jungbuchen im versauerten Waldstück ein geringeres Triebwachstum haben als jene auf der kalkreichen Fläche. Ich nahm in beiden Gebieten Bodenproben und untersuchte diese im Labor auf pH-Werte und berechnete die Basensättigung.
In meinen Untersuchungen zeigte sich eine negative Auswirkung der Versauerung auf die Pflanzen- und Tierwelt in allen Aspekten ausser dem Triebwachstum.
Wie entstehen überhaupt saure Böden?
Die Bodenversauerung ist eigentlich ein natürlicher Prozess, jedoch wird sie durch vom Menschen verursachte Schadstoffeinträge stark beschleunigt, vor allem durch Luftschadstoffe, welche Stickstoffverbindungen (NOX) enthalten, also vorwiegend von Verbrennungsvorgängen in Industrie und Verkehr. Der Prozess wird ebenfalls durch - im organischen Dünger enthaltenes - Ammonium beschleunigt (vor allem aus der Landwirtschaft). Genaueres über den chemischen Prozess der Versauerung können Sie der Maturarbeit entnehmen.
Was stresst den Wald sonst noch?
Es ist wichtig zu erkennen, dass der Wald ein grosses, komplexes Ökosystem ist, welches nicht nur von einem Faktor beeinflusst wird.
Der letzte Punkt, die Trockenheit, habe ich in meiner Maturarbeit noch etwas näher behandelt. Ein Sommer wie im 2003 wird in Zukunft bestimmt immer öfters vorkommen. Weshalb ertragen gewisse Wälder eine solche Trockenheit überhaupt nicht, während es Wälder gibt die sich praktisch nichts anmerken lassen?
Um das herauszufinden nahm ich weitere Triebmessungen bei Jungbuchen auf zwei Flächen im Kanton Baselland vor (Bubendorf und Rodersdorf).
Der Bubendörfer Boden ist ein Boden der eigentlich vom pH-Wert her sehr gut abschneidet, jedoch hat er eine sehr schlechte Wasserspeicherkapazität. Die Bäume auf dieser Fläche hatten dadurch im Hitzesommer 2003 sehr gelitten. Bei diesen Untersuchungen zeigte sich also, dass Bäume auf einem Boden, welcher das Wasser schlecht speichern kann, sehr stark auf Trockenheit reagieren und sich somit ihr Zustand schon bei kleineren Hitzeperioden verschlechtert.
Man kann das Ganze auch als eine Art Teufelskreis betrachten: Durch den Klimawandel gibt es weniger Niederschläge und vor allem vermehrt trockene Sommer, was zu geringerem Wachstum der Bäume führt. Wachsen die Bäume und natürlich weitere Pflanzen weniger, kann weniger CO2 fixiert werden, was wiederum die Klimaerwärmung unterstützt.
Eine weitere Folge des Klimawandels auf die Wälder wird die Veränderung der Vegetation sein. Andere, Wärme liebende Baumarten wie zum Beispiel die Eiche oder Föhre, werden unsere Wälder dominieren, dafür werden Buche und Fichte langsam aus unserem Waldbild verschwinden. Die Veränderung der Artenzusammensetzung ist grundsätzlich nicht negativ, jedoch könnte der Klimawandel zu rasch ablaufen, so dass sich Flora und Fauna nicht schnell genug daran anpassen können.
Die Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft teilt übrigens in einem neueren Bulletin unter dem Stichwort "Waldzustand" mit: "Der Anteil der Bäume mit einer Kronenverlichtung unbekannter Ursache von mehr als 25 Prozent nahm in den achtziger und neunziger Jahre von rund 10 auf etwa 20 Prozent zu. Im Jahr 2004 stieg er als Folge des trockenen Sommers von 2003 stark an."
Ganze Arbeit ansehen:
Links zum Thema
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Waldsterben?? - Wo denn, der Wald ist ja noch da!! |